Mystic-Legends – Artikel: Die Feinde der Ordnung

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Die Feinde der Ordnung

Es gibt Vieles, was unserer Ordnung gefährlich werden könnte, darunter nicht nur Feinde unserer Gesinnung, Menschen mit einem Gesicht und einer Geschichte, sondern auch dunkelste Monster, Abartigkeiten der Natur, die sich kein noch so kranker Geist ausmalen könnte. Deshalb besteht der erste Teil eurer Ausbildung nicht etwa darin, eure Waffe zu benutzen und Zielscheiben niederzustrecken oder mit Granaten dicke Löcher in das Übungsfeld zu sprengen. Nein, eure erste Lektion besteht aus einer gehörigen Portion "Kenne den Feind!". Und ich weiß, wovon ich rede – eine ordentliche Portion der Wesen und Unwesen, die wir zu bekämpfen haben, muss man überhaupt erst als reale Gefahr identifizieren können, ehe man sie erledigen kann. Und nicht bei allen werden euch Stahlkugeln und Sprengbomben gute Dienste leisten.
Ratten sind wohl das häufigste Problem der Osrathi – kaum einer von ihnen kennt nicht den schnellsten Weg zum nächsten Kammerjäger, nur sehr selten findet man einen Menschen oder Symbionten, der noch nie mit den verschiedenen Giftködern zu tun hatte. Aber nicht immer sind die Ratten nur Schädlinge, die sich an Nahrungskonserven und im schlimmsten Fall an der Wohnungseinrichtung oder der Elyktrik vergehen. Die Ratten Ta'Rans haben in der Zeit der Katastrophe eine unglaubliche Evolution durchgemacht und Formen hervorgebracht, die durchaus zur reellen Gefahr werden können. So ist Sauberkeit das oberste Gebot in Osrath und wer sich zu Schulden kommen lässt, Nahrungsmittel unverschlossen aufzubewahren oder gar Abfälle auf die Straßen zu werfen, wird mit empfindlichen Strafen bedroht. Neben der gewöhnlichen Straßen-, Haus-, Wander- oder Kanalratte sind wohl die Giftratte mit ihrem gefährlichen Speichelsekret, sowie der gemeine Dornschwanz mit bis zu einem Meter Körperlänge die verbreitetsten Unterarten. Darüber hinaus häufen sich in letzter Zeit auch die Sichtung von Flederratten in der Luft und Schlammratten am Boden. Letztere haben scheinbar die Fähigkeit, ihren massiven, eine halbe Tonne schweren Leib auch durch schmale Öffnungen zu quetschen. Immer wieder findet man Spuren des tiefschwarzen Hautsekrets in befallenen Gebäuden. Seltener geworden sind dagegen allerdings die gefürchteten Xeriaratten, die ihre lebendigen Opfer mit unheilig glühenden Augen bezaubern und nach Wunsch Angst, Begehren oder einfach komplette Stille im Geist der Beute emporrufen.

Seit der Einführung der Symbiontenarmee und der Verstärkung des Tiramonkorps ist es ruhig geworden um die Untoten. Einzig die rote Akademie erhält in ihren Forschungsgewölben bei gewaltigen Sicherheitsvorkehrungen noch einige der Unwesen am (Un)Leben. Wer dort Zutritt erhält, bekommt gleichzeitig auch Einblick in die Berichte der Sicherheitsbeamten, die damals für die Eindämmung der Plage abgestellt wurden. Die bisherigen Erkenntnisse erlaubten ihnen ein scheinbar sicheres und zielgerichtetes Vorgehen gegen die Scheusale. Langsam in Geist und Körper, aber mit gewaltigen Körperkräften ausgestattet – so zeigten sich die bisher erlebten Exemplare. Aufgrund dieses Wissens waren sie für speziell ausgerüstete Kommandos keine große Gefahr mehr. Bis ein neuer Typus von Unleben auftauchte und Angst und Schrecken unter die Leute trug: Ihre Augen leuchten grün, ihre Haut ist mit ebenso gefärbten Kristallen durchwachsen und ihre Bewegungen sind geradezu übernatürlich schnell. Sie nutzen die Dunkelheit, um sich zu verstecken, fürchten aber dennoch kein Licht und sind sogar geschickt genug, um mechanische Fallen zu entschärfen. Giftige Dämpfe ausatmend und mit einem irren Geist ausgestattet, der nur die Jagd auf Menschen kennt, suchen sie gezielt die Schwachen und Wehrlosen aus, um sie zu den Ihren zu machen. Erst an den Symbionten scheiterten sie. Von einer Art dieser Monstren wird sogar berichtet, dass sie Kontrolle über elyktrische Energien besäßen und nicht nur Stromschläge austeilen können, sondern auch komplizierte Schaltungen überlisten und sogar kontrollieren könnten.

Eine Gefahr, mit der die normale Bevölkerung höchst selten in Kontakt kommt, die aber dennoch eigentlich allgegenwärtig ist, sind die Drachen in den Kanälen und Schächten, die sich unter der Stadt winden wie eine Armee blinder Würmer und metallener Schlangen. Insbesondere die rattenfressenden Kanaldrachen, die gut und gerne fünf Meter Länge erreichen können und dank brennbarer Gase in ihrem Lebensraum auch Glut speien können, sind weit verbreitet. Kanalarbeiten erfordern daher immer einen besonderen Sicherheitsaufwand und werden nicht selten sogar von eigens dafür abgestellten Magiern überwacht. Nach Säuberungsaktionen kommt es auch vor, dass die geschuppten Untergrundbewohner keine Nahrung mehr finden und ihre Heimat verlassen. Zwar sind sie im Licht beinahe blind und außerhalb der gewohnten Dreckbrühe nicht gerade flink, ihre Zähigkeit und Wut macht sie aber zu fürchterlichen Bestien, die schon im Alleingang einige Häuser in der Zwischenebene dem Erdboden gleich gemacht haben.

Die letzte Gefahr, die hier aufgezählt werden soll, sind die Insektiden. Sie ähneln Insekten in Form und Größe, gebieten aber nur in den seltensten Fällen wirklich über die für dieses Taxon nötigen sechs Beine, sondern haben öfter vier, acht oder mehr Glieder. Ihnen allen ist gemein, dass sie tagsüber im Verborgenen hausen – Kleiderschränke, dunkle Schächte, die staubigen Ecken unter dem Bett – das ist die Heimat der Insektiden. Von dort aus fallen sie des Nachts über die Menschen her und laben sich an Blut, Hautschuppen, Schweiß oder anderen Körperausscheidungen. Die gefährlicheren Exemplare legen ihre Larven in das Fleisch der Wirte, die sie langsam von innen heraus verzehren. Im Inneren des Wirtes, der über lange qualvolle Zeit am Leben erhalten wird vermehren und verpuppen sie sich, um schließlich in einem für den Wirt tödlichen Schlüpfvorgang aus im hervorzutreten. Viele Arten gebieten dabei über die Macht, den Geist des Wirtes so weit einzulullen und zu täuschen, dass er an seinem Körper keinerlei Veränderungen wahrnehmen kann. Nach außen hin ist es nur geschulten Personen wie Ärzten oder Insektidenexperten und einigen speziell ausgebildeten Sicherheitsbeamten möglich, den Befall rechtzeitig zu erkennen. Im fortgeschrittenen Stadium hilft keine andere Behandlung mehr als ein schneller grausamer Feuertod, da die Larven den Körper soweit zerfressen und gelähmt haben, dass er ohne ihre Anwesenheit binnen Stunden verfallen und vergehen würde.

Ich sehe in euren bleichen Gesichtern, dass ihr fürs Erste genug von meinen Gutenacht-Geschichten habt. Lasst mich stattdessen zu einem anderen Punkt meiner Ausbildung kommen: Die Elfen. Wir wissen nicht genau, warum sie uns so zusetzen, aber offenbar hat sich unsere Umwelt so radikal verändert, dass viele von ihnen wohl lieber hier drin unter der Stahlkuppel leben würden als an der Oberfläche von Ta'Ran.

Wenn man den Erfahrungen der Osrathi Glauben schenkt, so sind Elfen so ziemlich das hinterhältigste und verschlagenste Pack, das die Oberfläche Ta'Rans zu bieten hat. Keiner von ihnen zieht ohne vergiftete Waffen in den Kampf und ihr Zorn macht auch vor Alten, Frauen und Kindern nicht halt. Wo sie nur können, dringen sie in die Stadt ein, greifen die Bewohner an und verstecken sich dann monatelang, um die Versorgung, die Sicherheit oder die Regierung Osraths zu sabotieren. Der einzige Vorteil, den die Bewohner der letzten Bastion der Technik haben, ist ihre wissenschaftliche Überlegenheit. Zwar kennen die Elfen Stahl und auch komplizierte militärische Taktik, doch scheinen sie immer wieder am Verstehen der Technik und der Bewohner der Stadt zu scheitern. Ihre Versuche, Osrathi zu bestechen oder zu verführen, sind immer zum Scheitern verurteilt gewesen, weil sie Versprechen machten oder Köder auswarfen, die die Bewohner der Stadt unter der stählernen Kuppel nicht interessierten. Sie kommen mit einfachen ledernen Rüstungen, bewaffnet mit Messern, Speeren, Bögen sowie leichten Äxten, Schwertern und Ähnlichem, werden aber von einem einzigen automatischen Gewehr niedergemäht wie die Ratten. Viel gefährlicher ist daher ihre Fähigkeit, die Dunkelheit und Unübersichtlichkeit der Stadt zu nutzen. Sie können sich leise bewegen und scheinen auch ohne Nahrung lange in einem Versteck überdauern zu können, um genau im empfindlichsten Moment zuzuschlagen. Sie finden die kritischen Versorgungsstellen und vergiften Brunnen, setzen Krankheiten aus oder locken die Ratten zu den am besten gefüllten Speichern – das ist die wahre Macht der Elfen, dafür werden sie gefürchtet. Bei ihren Attacken ertrinken nachts dutzende Opfer mit durchgeschnittener Kehle am eigenen Blut und in ihrer Wut machen sie auch nicht halt davor, die Eltern vor den Augen der Kinder abzuschlachten. Elfen sind die wahrscheinlich größten Feinde der Ordnung in Osrath.
Geschrieben am 30.09.2007 und zuletzt am 09.11.2007 verändert