Mystic-Legends – Artikel: Powergaming

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Powergaming

Powergaming oder PGing ist aus Sicht mancher Rollenspieler eines der schlimmsten am Spieltisch überhaupt möglichen Verbrechen. So hat sich die Bezeichnung „PG“ für „Powergamer“, also jemanden, der Powergaming betreibt, unter den Rollenspielern schon fest als ernsthaftes Schimpfwort eingebürgert.
Was aber beschreibt dieses „Powergaming“, das alle anscheinend so hassen?

Powergaming kann zweierlei bedeuten: Zum einen gibt es da das Optimieren des Charakters nach Strich und Faden. Ob es nun zu Min-Maxing (lächerliche Kombinationen von Nachteilen bei der Charaktergenerierung, um mehr Generierungspunkte für „wirklich wichtige“ Talente oder Attribute zu erhalten) oder zu gezielten Steigerungen, Wahrscheinlichkeitsberechnung und Regellückenausnutzung kommt – dies alles fällt unter regelkonforme Optimierung. Die andere Seite sind sogenannte „Munchkins“, die aktiv Regeln brechen und schummeln. Beiden ist zueigen, dass vor allem die Werte des Charakters zählen – insbesondere die, die er zum Kämpfen benötigt. Kommt es zum Kampf, blüht jeder PG auf und metzelt, was das Zeug hält.

Seien wir mal ehrlich: In fast jedem von uns steckt eine kleine Scheibe Powergamer. Die meisten wollen auch mal einen sinnfrei hochgezüchteten Übercharakter, der einfach „besser“ ist als die anderen am Spieltisch vertrenen Charaktere. Die meisten wollen auch einmal im Kampf auftrumpfen und reihenweise NSC's niedermähen. Manche betrachten daher das PGing als „Kinderkrankheit“, andere wollen sich allerdings diese „Schwäche“ nicht eingestehen und zimmern auf den armen PG ein, der seine Sucht mal wieder richtig auslebt. Generell sollte der Charakter immer im Rahmen dessen sein, was der SL gestattet – wenn er zum PG-Charakter „Nein“ sagt, dann sollte der Spieler das akzeptieren. Wenn der SL bestimmte Tendenzen feststellt, die ihm nicht gefallen, hilft oftmals auch eine Aussprache mit dem betreffenden Spieler, denn häufig steigert man sich langsam ins PGing hinein und merkt dabei gar nicht, wie abgehoben der Charakter schon ist.

Auch der SL kann zum Powergamer werden: Nämlich dann, wenn er die Spieler mit fiesen, unbesiegbaren Monstern konfrontiert, die man nur mit purer Gewalt niedermetzeln kann. Oder wenn er die Charaktere übermäßig belohnt – Wagenladungen voll Gold oder das legendäre Artefakt „Sphärenspalter des Orkschlachtens und Dämonenmetzelns + 40 Erdrutsch“ bringen die Spieler geradezu dazu, Powergamer zu werden. Also hat auch der SL einen gewissen Einfluss auf das Verhalten der Spieler. Wie bereits im Kampfregelwerk angemerkt, muss er sie nicht immer mit großen Kämpfen beglücken, denn dann sehen sich die Charaktere gezwungen, aufzurüsten und der SL zieht nach – eine endlose Rüstungsspirale beginnt.

Der Munchkin allerdings, der wirklich Regeln bricht, wird kaum vom SL beeinflusst. Sollte ein Spieler wirklich unter dem Verdacht stehen, ein Munchkin zu sein, können sie ihm als SL mit dem Tod des „verseuchten“ und regelwidrigen Charakters oder mit Androhung des Ausschlusses aus der Gruppe drohen.
Eigentlich sollten Munchkin-Charaktere immer sterben. Und zwar erzieherisch: Kühe, die ihm aus dem Weltraum auf den Kopf fallen, eine Lebensmittelvergiftung Stufe 50 usw. – der Charakter soll mit all seinen überzogen guten Werten zum Teufel gehen. Dann müssen sie dem Spieler erklären, warum der Charakter so brutal aus dem Leben schied. Eine andere Möglichkeit ist es, nur noch Abenteuer zu leiten, in denen dem Munchkin die Fertigkeiten seines Charaktere nichts nützen und in denen es auf „gutes Rollenspiel“ ankommt – Beispiele seien Detektivabenteuer oder Verschwörungsabenteuer. Sie fragen sich gerade, wie man als Meister PGs oder Munchkins erkennt? Werfen sie mal einen Blick auf seinen Charakterbogen. Es springt ihnen förmlich ins Auge.
Geschrieben am 04.12.2007 und zuletzt am 02.01.2008 verändert