Mystic-Legends – Artikel: Taranische Stimmungen III

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Taranische Stimmungen III

Eisenmangel

Mit diesem Unterpunkt ist keineswegs die Tatsache einer akuten Mangelernährung mit zu wenig Ferraten gemeint, sondern schlicht und einfach die Tatsache, dass die Daimon neben dem Diebstahl des Wissens um die Technik noch mehr Schaden angerichtet haben: In den meisten von Menschen besessenen Eisenminen haben sie Schreckliches bewirkt.
Die Eisenlagerstätten sind mit „Karchak“ (mit hartem ch gesprochen) verseucht worden – einem dämonischen Pseudometall: Wenn man es einschmilzt, zerfließt es zu stinkendem roten Schleim, wenn man es schmieden will, zerplatzen immer wieder große Stücken und regnen in großen Tropfen auf den Boden, wenn man es denn geschafft hat, eine Waffe aus Karchak herzustellen, so ist sie spröde und bricht bei der ersten stärkeren Belastung.

Das Schlimme am Karchak ist, dass das Erz dieser Substanz anscheinend regelrecht von Eisen „lebt“ – es frisst sich durch die Eisenerzadern und verseucht weiterhin große Mengen des wichtigen Metalls. Sobald eine Eisenader mit Karchak verseucht ist, kann man das Eisen nicht mehr von der dämonischen Substanz trennen und besorgt, wenn man versucht, es herauszuschmelzen dessen Ende: Bei hohen Temperaturen ist Karchak besonders gierig.

Aber damit nicht genug: Die Gegenspieler der Menschen (Orks, Thomgoc, Shivar) und diejenigen Menschen, die nicht von der Katastrophe heimgesucht wurden (Osrathi, Ayo), verfügen über große Lagerstädten für das begehrte Metall. Inzwischen ist man sogar soweit, dass man alten Schrott als Waffe verwendet oder (bei sehr fortschrittlichen Siedlungen) ihn einschmilzt und dann sauberes Metall daraus gewinnt.

Nahrungsversorgung

Dieser Begriff ist eigentlich missverständlich: Es gibt keine wirkliche Versorgung mehr. Nur einige Kulturen, die aus den früher besiedelten Gebieten vertrieben wurden (wie z.B. Na'Pak und Hagisch) können mit Stolz behaupten, dass sie wieder selber Nahrungsmittel produzieren, wobei hier natürlich ganz anderer Aufwand betrieben wird als früher, in der Zeit, in der man nicht mehr selber mit einem Zugtier pflügen ging, sondern als es Maschinen gab, die das erledigten, als es Dünger gab usw. Krankheiten machen oftmals ganze Ernten ungenießbar, wenn sie nicht ohnehin schon durch Hagel oder Dürre vernichtet wurden.

Mangelernährungen sind weit verbreitet, ebenso ist der Hunger mittlerweile der Bruder des Todes – das Zweite folgt bei vielen Menschen sehr schnell auf ersteres. Es ist aber nicht nur so, dass die Menschen überall hungern würden, zumeist gibt es in einer Siedlung Leute, die über mehr als genügend Reserven verfügen, diese aber in Hungersituationen zu horrenden Preisen verkaufen.

Resignation

Wer nicht gerade versucht, anderen Leuten die Kehle durchzuschneiden oder als Mann daran interessiert ist, eine junge Frau oder ein Kind in die nächste dunkle Ecke zu zerren, der resigniert. Resignation bedeutet für die Menschen, die in den Gebieten leben, die von den Daimon heimgesucht wurden, dass sie selber praktisch nichts produzieren – in den Städten lagern noch Geräte und dank damals modernen Verpackungen (Dosen) Nahrungsmittel in Hülle und Fülle, die sich auch in nächster Zeit nicht so schnell aufbrauchen werden. Die Leute, die dennoch versuchen, der staubigen Erde einen kleinen Tribut in Form von Ernte abzuringen, werden oftmals als „dumme Bauern“ und „illusionierte Einfaltspinsel“ bezeichnet. Was man gerade braucht, kann man ja auch nach ein bisschen Suchen im Müll finden oder einem Schwächeren „abnehmen“. Das Ermüden der Lust, selber etwas zu vollbringen bringt immer neue kriminelle Energie auf, die auf diese Weise auch langsam die Geduld derjenigen ermüdet, die unter ihr zu leiden haben. So gestaltet sich das Leben für die Menschen hoffnungslos und in der steten Angst, etwas weggenommen zu bekommen oder einfach ein paar aufs Maul zu kriegen.

Städte und Dörfer

Die meisten Siedlungen sind in den 150 Jahren nach der Katastrophe noch immer recht klein, da ständige Bedrohungen die Reproduktionsrate zumindest der Menschen niedrig halten: Kälte und Hunger, Seuchen und Kriege sind wieder eine ernste Gefahr. So kommt es, dass sich jedes Dorf mit über 400 Einwohnern schon als Stadt bezeichnen kann und auch über einen gewissen Einfluss im Umland verfügt.

Fast niemand kann sich leisten, als Einsiedler zu leben oder nur mit seiner eigenen Sippe gemeinsam ein Dorf zu gründen: Bedingt durch Anarchie und wieder erstarkte Gefahren, wie Seuchen, Kälte und Hunger (Missernten), benötigt man eine starke Gemeinschaft, die zusammenhält und einander trägt. Merkwürdigerweise sieht die Realität in den Städten und Dörfern allerdings ziemlich anders aus: Jeder ist hauptsächlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht und nur wenn große Bedrohungen von außen kommen, denen man gemeinsam besser widerstehen kann, arbeitet man (gezwungenermaßen) zusammen. Jeder versucht, irgendwo seinen Schnitt zu machen.

Da es vielerorts keine geklärten Verhältnisse gibt, was Herrscher und Gefolge angeht, gibt es in den Siedlungen immer wieder extreme Machtkämpfe. Verschiedene Orden, Gilden und Handelsmächte streiten mit einzelnen Clanführern um ihren (so meinen zumindest sie) wohlverdienten Einfluss. Die größeren Städte sehen da schon ganz anders aus: Sie haben solche anfänglichen Machtkämpfe hinter sich gelassen und verfügen über recht geklärte Verhältnisse, was die Machtposition einzelner Bewohner angeht. Recht und Gesetz sind dennoch fast nirgendwo wiederhergestellt, so dass eine Stadt ein recht gefährliches Pflaster für Fremde und Schwache ist: Suchtkranke, Perverse, Kriminelle und jede Menge anderer Abschaum trachten nach Geld, schneller Befriedigung und Macht, zumindest über einzelne.

Die erstarkenden Rassen und Kulturen

Allerdings ist es nicht so, dass die Menschen die einzige Rasse oder Kultur auf Ta'Ran wären, die nach einer Festigung ihrer Position strebt. Tiefe Einschnitte in ihre ehemaligen Gebiete mussten die Menschen vor allem von drei Seiten hinnehmen: Im Norden (auf praktisch allen nördlichen Kontinenten) vertrieben die Orks große Teile der menschlichen Bevölkerung, töteten noch größere Teile und versklavten die meisten. Im Osten (also auf Mesaron) kamen die Thomgoc von den Küsten, an denen sie einst gesiedelt hatten und überrannten mit einer gewaltigen Armee (die ebenfalls von Osten übers Meer gekommen zu sein schien) die Länder der Menschen, um eines Tages den Vormarsch ebenso plötzlich wieder einzustellen. Und schließlich lauerte im Süden Mesarons eine Gefahr, die bis dahin fast keinem Menschen bekannt war: Die Shivar überfluteten die Gebiete der Menschen und stellten ihre Eroberungszüge erst ein, als eine gewaltige Epidemie ihre Heerführer (die anscheinend einer gänzlich anderen Rasse angehören scheinen als die einfachen Soldaten) dahinraffte und die unkontrollierten Soldaten sich zerstreuten.

Alles in allem werden die überlebenden Menschen nach dem Angriff der Daimon nun von vielen Seiten bedroht, wobei die Angriffe der Orks sicherlich noch die gewaltigsten Probleme machen. Aber auch die Kulturen der Menschen, die von der Katastrophe verschont wurden, konnten ihre Macht erweitern und festigen: Die Dämonenanbeter Mesarons weiteten ihre Gebiete aus und stärkten allerdings vor allem ihre Grenzen. Die Ayo gingen da weitaus aggressiver vor: Sie eroberten weite Landstriche, die einst dem Nolthar-Imperium angehörten. Nur Osrath, die metallene Stadt breitet sich nicht ganz so rasant aus, da sie inneren Konflikten der verrückten Tilia (der Anführerin, der künstlichen Seele Osraths) und den Guerilla-Attacken der „Naturalisten“, den erklärten Elfenfreunden und Osrath-Gegnern ausgesetzt ist.

Die Orks sind mit Sicherheit die größte Gefahr für die Menschen Pak’Shas. Dennoch darf man ihre Leistungen nicht entwerten – viele Wissende fühlen sich gerade von der Macht der Gradrechi, den kultivierten Orks, angezogen. Da diese Rasse den Wert alter Technik erkannt hat und sie nicht nur als alte Gefahr abstempelt, die verdammungs- und gar verfolgungswürdig ist, haben sie sogar einige menschliche Wissende mit offenen Armen empfangen und in höhere Ämter gestellt. Glücklicherweise (oder sollte ich vielleicht doch sagen „leider“?) sind die Orks untereinander zerstritten und streben nicht nach einer einheitlichen Regierung. Jeder sucht dort seinen eigenen Vorteil. Weil dieses Volk so mächtig und so interessant ist, habe ich ihm in der Beschreibung der Kulturen meines Kontinentes ein eigenes Kapitel gewidmet. Wichtiger ist jedoch zunächst, dass man sich ein wenig mit den geographischen Gegebenheiten meines Kontinentes auskennt …

- Yarhena von Mingol, Wissende

Geschrieben am 12.03.2008 und zuletzt am 15.03.2008 verändert