Mystic-Legends – Artikel: Dritter Abschnitt

Inhalt

Dritter Abschnitt

Waffen und Rüstungen

Wie bereits oben beschrieben, gibt es keine Heere der Regierungen oder Milizen, die die Öffentlichkeit schützen sollen, sondern in erster Linie private Armeen, die an Stadträte oder Landstriche vermietet werden. Wegen dieser Söldnermentalität in ihrer Truppen ist es üblich, dass sich die Soldaten selber ausrüsten müssen – auf diese Weise entstehen auch nur selten reine Waffengattungen, sondern meist bunt gemischte Einheiten, die für alle Zwecke gleich gut oder gleich schlecht einsetzbar sind.
Die bevorzugte Waffe der Nolthar ist der Speer – ob geworfen oder mit beiden Händen gestoßen, ist dabei relativ unerheblich. Da diese Waffe in erster Linie billig zu produzieren und auch effektiv gegen berittene Gegner wie z.B. berittene Turakar einzusetzen sind, haben sie sich in fast allen Regionen als beliebteste Ausrüstung durchgesetzt. Daneben werden auch Infanteriewaffen benutzt, die wegen ihrer größeren Reichweite auch bei Seeschlachten Vorteile bieten. Elitekrieger können es sich bisweilen leisten, die berühmten noltharischen Klingenwaffen zu führen – in der Regel ohne Parierstange und Griffkorb, meist aber mit einem Knauf als Gegengewicht sind diese schlanken und sehr scharfen Waffen wegen ihrer großen Geschwindigkeit und Wendigkeit im Nahkampf beliebt. Seesöldner statten sich auch gern mit leichten Äxten und Beilen oder kürzeren Säbeln aus, um in der Enge eines Seegefechtes besser zurechtzukommen und auch, um gegen Takelage und Taue an Enterhaken vorgehen zu können.
So ist zum Beispiel die Enteraxt eine typisch noltharische Waffe – eine relativ schmalklingige Axt mit einem langen Sporn als Gegengewicht. Dieser kann z.B. benutzt werden, um sich bei schwerem Seegang an Deck zu halten, stark gerüstete Gegner anzugreifen oder um sich an der Schiffswand emporzuarbeiten. Der grifflose noltharische Säbel und das hervorragend ausbalancierte leichte Langschwert sind dagegen Waffen, die nur für den Kampf konzipiert sind und deren „Missbrauch“ als Werkzeug einer Entweihung gleichkäme. Auch die Zweilillien und ihre schwerern Verwandten Doppelschwert und Doppelaxt sind – wenn auch sehr selten genutzte – traditionelle noltharische Waffen. Im Übrigen wird sich jeder gemeine Soldat oder gar bürgerliche Streiter hüten, eine größere Klingenwaffe als ein Kurzschwert zu führen, denn strenge Repressalien warten auf diejenigen, die, ohne eine entsprechende Ausbildung zu besuchen, diese Statuswaffen der Krieger benutzen.
Rüstungen sind für ein seefahrendes Volk natürlich eine zweischneidige Geschichte – zum einen sind sie bei Landungsmanövern oder Kämpfen im Binnenland unverzichtbar, auf hoher See allerdings können sie schnell im wahrsten Sinne des Wortes zum Untergang eines Kämpfers führen. So wird gern der Mittelweg gewählt: Tuch- und Lederrüstungen sind weit verbreitet und nur größere Armeen beinhalten auch schwer gepanzerte Einheiten, die dann mit Ketten- oder gar Panzerhemden in den Kampf ziehen. Die Elite der noltharischen Krieger, die „Leibwache“ der Hanse, die in extra zu diesem Zweck eingerichteten Schulen studiert und aufwändig ausgebildet wird, verschmäht Rüstungen übrigens komplett, ist aber die einzige „Waffengattung“ der Nolthar, die Schilde einsetzen darf. Auf diesen bunt bemalten Unikaten aus allen möglichen Materialien stehen die Wappentiere des Kämpfers, das Zeichen der Hanse sowie die Anzahl der bereits im Zweikampf besiegten Gegner.

Die Städte der Nolthar

Dies ist ein sehr interessanter und vielseitiger Punkt, denn über Architektur und Städtebau scheinen durchaus lokal sehr unterschiedliche Auffassungen zu bestehen. Insbesondere die Eigenheit dieses Volkes, auch große Städte inmitten von Ruinen alter Siedlungen zu errichten, trägt dazu bei, dass es kein einheitliches Bild einer typischen noltharischen Stadt gibt.
Schon wenn man außen beginnt – ob nun eine kompakte oder zerstreute Siedlung besteht, schein vor allem vom vorhandenen Platz abzuhängen, auch Hafenstädte werden gern dicht gedrängt errichtet, weil jeder einen möglichst kurzen Weg zum Meer haben möchte. Für den letzteren Typ Stadt steht exemplarisch Tar’Akbar, welches binnen kurzer Zeit nach dem Edikt von Tirgash aus dem Boden gestampft wurde und ein verwinkeltes und völlig ungeregeltes Straßenbild zeigt. Der entgegengesetzte Pol ist dann wiederum Tirjana, welches inmitten eines großen Feldes zerstörter Bauerngehöfte entstand und entsprechend zerstreut ist.
Stadtmauern findet man – genauso wie echte Befestigungen – nur recht selten, auch wenn insbesondere auf Dalatur und auf Syan in der Nähe der Elfengebiete durchaus Wachtürme und Palisaden errichtet wurden. Mit den Verteidigungsanlagen aus der Zeit vor der Katastrophe, die neben dutzenden Schritt messenden Mauern auch Bunker und Geschütze beinhalteten, können sie sich dennoch nicht messen und haben, vor allem weil Truppen meist nicht regulär ausgebildet und stationiert, sondern nur von den Hansen bezogen werden, immer noch einen provisorischen Charakter.
Als Baumaterialien werden vor allem Holz und Lehmziegel verwendet, aber für größere Bauten wird auch oft mit viel Aufwand Gestein in Steinbrüchen gewonnen und zur Baustelle transportiert. Da die Nolthar eine gewisse Schwäche für monumentale Bauwerke haben und der Meinung sind (weil sie es so ja aus der Zeit vor der Katastrophe kennen), dass diese die einzigen Zeichen sind, die alle Zeiten überdauern, existieren in vielen Städten Ratspaläste, aufwändig verzierte Hansekontore und Handwerkerkammern, die über vier Stockwerke hohe Gebäude für sich einnehmen.
Die Sipper bauen dagegen eher klein und unscheinbar – ihre Gebäude ziehen sich wegen des billigen Bodens stark in die Breite und sind selten höher als das Erdgeschoss. Unterkellerung ist höchstens zu Kühlzwecken nötig, denn das Dach wird meist als Lagerplatz genutzt (und insbesondere den noltharischen Räucherwaren, die die Seefahrer so gern mit auf die Reise nehmen, scheint das Abhängen unter dem Dach sehr wohl zu tun).

Religion

Natürlich spielt im Leben der Nolthar der Viererkult eine bedeutende Rolle – er ist die große Gemeinsamkeit, der sie alle aneinanderschweißt, der ihre gesellschaftliche Identität ausmacht. So kommt es, dass im gesamten Raum, der von noltharischen Einwohnern bewohnt wird, überall annähernd die gleiche Form des Kultes mit der Einteilung in die unpersonifizierten Prinzipien Erschaffer, Bewahrer, Zerstörer und Chaos gepflegt wird.
Im Alltag misst man diesen Prinzipien große Bedeutung bei – kaum eine Handlung wird vollbracht, ohne dass man sich vorher fragt, welchem der Prinzipien man damit besonders dient und welchem man eventuell sogar widerspricht. Am Ende einer Woche soll man alle Teilen des großen Ganzen gleichermaßen beachtet und gewürdigt haben, ansonsten droht das ewige heilige Gleichgewicht der Dinge zu zerfallen. Glücklicherweise kann man auch dafür sorgen, dass den Priestern der Prinzipien, denen man eben nicht geholfen hat, in Form einer Spende oder eines großzügigen Opfers Hilfe zukommt, damit man seinen persönlichen Teil zur Wahrung der Welt getan hat.
Die Priesterschaft genießt in der Bevölkerung besonderes Ansehen – so bekommen einzig sie bei Händlern einen besseren Preis, bei Handwerkern wird ihnen schneller geholfen und in einem Gasthaus bekommen sie immer den besten Platz. Damit sie ungestört ihrer Funktion nachkommen dürfen, gilt es als unhöflich, einen Priester direkt anzusprechen. Stattdessen muss man warten, bis dieser bemerkt hat, dass man etwas von ihm möchte und selber das Wort ergreift. Auch in der Rechtsprechung ist es üblich, die Priester zu bevorzugen – aber wehe dem, dem nachgewiesen werden kann, dass er sein Amt zu Unrecht ausübt (also ein Betrüger ist) oder, was gar noch schlimmer ist, dass er sein Amt zurecht ausübt aber einen unlauteren Vorteil aus der Sonderbehandlung schlägt. Diesem Verbrecher drohen dann die Kirchengerichte, die mit schwarzen Schafen innerhalb des Kultes kurzen Prozess machen.
Diese Konrathim sind im Übrigen auch darauf bedacht, „den Hof sauber zu halten“. Sie machen Jagd auf alle anderen Kulte, die versuchen, sich auf dem Gebiet der Nolthar zu verbreiten und sich dabei nicht auf die Angehörigen anderer Kulturen beschränken. So kann auch ein fremdländischer Handelspartner, der zu eifrig von seinem eigenen Glauben berichtet, als Ketzer gefangen und übel bestraft werden. Insbesondere der Kampf gegen monotheistische Religionen hat den Viererkult lange Zeit geprägt und die Religionskriege Dalaturs, die sich mit der Frage auseinandersetzten, ob man den Daimon Verehrung zukommen lassen dürfe, haben den vier Kirchen gezeigt, dass ein früheres hartes Durchgreifen derartige Probleme verhindern könnte.

Der Bund vom Allsehenden Auge (DAA)

Die Rolle des DAA innerhalb der noltharischen Gesellschaft zu erklären, ist ein schwieriges Unterfangen – zu verstrickt sind die Geschicke der Kultur mit den Zielen und Absichten der Magiergilde. Heimliches „Lenken und Regulieren“ war einer der Hauptgründe zur Auferstehung des DAA, ebenso die Sicherung der Vorherrschaft der Magie über die Technik. Aus diesem Grunde haben die Zirkel der Gilde überall Fuß gefasst und „beraten“ praktisch jede Hanse und jede Regierung in Bezug auf den Umgang mit Artefakten, magisch begabten Konkurrenten oder anderen Völkern. Außerdem pressen die Magier der Bevölkerung Abgaben ab, um Klöster zu bauen und sie so vor magischen Gefahren zu bewahren – dass dabei auch sie selber einen Großteil der magischen Gefahr darstellen, scheint weniger wichtig zu sein.
Die Bevölkerung sieht im DAA auf alle Fälle einen großen Beschützer, ebenso sind die meisten Leute der Meinung, dass die Auseinandersetzung mit den Fehlern der Vergangenheit und ihren Folgen – Artefakte, Schriften und Bauten aus der Zeit vor der Katastrophe – einzig und allein Aufgabe der Magier ist. Auf dieser Auffassung beruht das Monopol der Magier, Handel mit alter Technik zu treiben und sie so langsam aber sicher vom Angesicht der Kontinente zu entfernen. Noch haben sie ihr Ziel lange nicht erreicht und müssen auch die Existenz anderer Gruppen wie die Alchemisten oder die Mechanisten dulden, doch wenn erst das alte Wissen nur noch in ihren Händen ruht, können die Magier sogar wagen, nach der Macht zu greifen.
Geschrieben am 28.04.2007 und zuletzt am 28.04.2007 verändert