Mystic-Legends – Artikel: Die Kultur der Braunpelze

Inhalt

Die Kultur der Braunpelze

Der Stamm

Da den meisten Goblins Familienbanden fremd sind, fühlen sie sich in erster Linie ihrem Clan oder Stamm zugehörig. Dieser bietet ihnen Schutz vor Verfolgern, Hilfe bei der Jagd auf größere Beute, Unterstützung im Kampf gegen die neu manifestierten Unwesen Mesarons und natürlich auch Paarungspartner. Der Stamm ist also neben dem persönlichen Jagdwerkzeug der wichtigste Lebensinhalt eines Goblins.
Eine solche Gruppe besteht meist aus mehr als zwanzig Erwachsenen, dazu kommt meist noch einmal die gleiche Anzahl Alter und Kinder, die mit versorgt werden müssen. Obwohl der Zusammenhang zwischen Zeugung, Geburt und Vaterschaft klar ist, werden die Kinder nicht bevorzugt von ihren Eltern aufgezogen, sondern gehören der gesamten Gemeinschaft an.

Das goblinische Dorf auf Mesaron

Diejenigen unter den Braunpelzen, die nicht nomadisch leben, haben einige Fortschritte gemacht, die sie von den Rotpelzen abheben. Nicht nur, dass sie in der Lage sind, Bronze auf einfache Weise zu verarbeiten, sondern sie können auch kleine Hütten errichten, um sich vor schlechtem Wetter zu verstecken. Diese Bauwerke bestehen meist aus losem Holz, das geschickt ineinander gefügt und mit Blättern, Lehm und mitunter auch Steinen abgedichtet wird. Auf diese Weise entstehen primitive runde Hütten ohne innere Stützverstrebungen. Ideal sind diese Konstruktionen, weil sie binnen eines arbeitsreichen Tages fertig gestellt werden können und so der Verlust einer solchen Behausung durch z.B. Feuer, morsches Baumaterial oder die Flucht des Stammes recht gut verschmerzt wird.
Ein Dorf im eigentlichen Sinne – dass z.B. Aufgaben arbeitsteilig an die dafür am besten geeigneten Goblins abgegeben werden – entsteht bei den Goblins noch nicht, es handelt sich vielmehr um eine Möglichkeit, den kärglichen Besitz des Stammes vor den Elementen und vor Feinden zu beschützen.
Zentral gelegen ist meist eine große Feuerstätte, um der sich abends und nachts meist bewaffnete Jäger versammeln, um das Dorf im Falle einer Gefahr verteidigen zu können. Ansonsten läuft ein Großteil des sozialen Lebens hier ab: Am Feuer werden Geschichten erzählt, Fähigkeiten ausgetauscht und Pläne geschmiedet. Wer einmal einer solchen Szene beigewohnt hat, bemerkt, welche natürliche Kraft den Goblins noch immer innewohnt – mit welcher Inbrunst sie am Feuer über die „jüngeren“ Völker wettern, die mittlerweile die Macht über Ta’Ran gewonnen haben, mit welchem schauspielerischem Talent sie die ausgeschmückten Heldentaten eines Stammesmitgliedes aufnehmen und wie sie gemeinsam singen und tanzen, um sich schließlich zu trennen.

Verbrecher und Richter

Da sich die Goblins einer recht komplexen und vielschichtigen Rechtsprechung befleißigen, sollte dies hier erwähnt werden: Es gibt keinen obersten Richter. Stattdessen dürfen drei beliebige Goblins, die nicht an dem vorgeworfenen Verbrechen beteiligt waren oder davon betroffen sind, ein Urteil sprechen, dass damit innerhalb der Gesellschaft der Braunpelze volle Rechtsgültigkeit erhält. Im Allgemeinen wird eine solche Entscheidung auch von allen Angehörigen des Stammes akzeptiert. Ein seltener und schwieriger Fall tritt immer dann auf, wenn ein ganzer Stamm von einem Verbrechen betroffen ist. In dieser Situation wendet man sich gemeinhin an einen benachbarten und möglichst befreundeten Stamm, schenkt diesem ein paar schöne Felle, frisches Fleisch oder ähnliches und beugt sich dann dem Urteil.
Das schlimmste, was einem Krechen’gramm passieren kann, ist der Ausschluss aus dem Stamm. Allerdings wird diese Strafe schon bei vergleichsweise geringen Vergehen angedroht – schon ein ausufernder Streit mit Gezeter und Gebrüll reicht aus, dass die berufenen Richter eventuell befinden, dass der betreffende Goblin keine Bereicherung mehr für seinen Clan darstellt. Üblicherweise hat er in diesem Fall einen Tag Zeit, seine Sachen zu packen und sich davon zu scheren, um nicht als „Freiwild“ zu gelten. Er hat dann das Recht, bei einem anderen Stamm um Asyl zu bitten – und je nachdem, ob er den Eindruck macht, ein guter Jäger oder potenter Erzeuger von Kindern zu sein (gebärfreudige Frauen werden natürlich auch gerne aufgenommen).
Andere Strafen sind eher sozialen Ursprungs und sollen das Gemeinschaftsgefühl stärken – so kann es sein, dass ein „Verbrecher“ genötigt wird, einen Tag lang mit dem Opfer zu jagen oder falls er es so sehr geschädigt hat, dass es nicht mehr dazu in der Lage ist, für das Opfer zu jagen. In aller Regel wird bei den Urteilen auch sehr genau bedacht, welchen Nutzen der Verurteilte für den Stamm hat: So kommt es oftmals dazu, dass ein kräftiger guter Jäger mit deutlich mehr durchkommt als ein schwächlicher Nichtsnutz.

Goblinische Aggressoren

Angesichts ihrer Situation haben die Goblins verschiedene Wege entwickelt, sich durchzuschlagen. Einer davon ist die blanke Aggression. Immer öfter hört man in den letzten Jahren von Übergriffen der Goblins auf kleinere Dörfer, entlegene Einsiedlerhütten, Reisegruppen und ähnliches. Traditionell erfolgt dabei kein echter Angriff – die Goblins erscheinen in überwältigender Überzahl und bedrohen niemanden direkt, sondern nehmen einfach alle wertvollen Gegenstände mit sich. Da es bei den Überfällen und Diebstählen nur sehr selten zu Toten kommt, tolerieren noch immer viele Stämme und Völker der Menschen dieses Verhalten, da sie zum Teil auch befürchten müssten, in einem offenen Konflikt mit den Goblins herbe Verluste hinnehmen zu müssen.
Regelrechte Kriege hat es zum Teil mit den Bansar gegeben, die als Antwort auf Überfälle auf eine Karawane ganze Goblinstämme auslöschten. Mittlerweile akzeptieren aber beide Seiten die Stärken und Schwächen der jeweils anderen Kultur: Die Goblins haben erkannt, dass es deutlich mehr Nutzen hat, wenn sie den Händlern Teile ihrer Beute zu erstaunlich guten Preisen abtreten. Insbesondere an metallenen Gegenständen haben die Bancairanhänger großes Interesse. Im Gegenzug erhalten die Goblins einfache Waffen, haltbare Nahrungsmittel und Gewürze. Auch dem Wein und dem Schnaps, den sie auf diese Weise erhalten, sprechen sie gut zu.
Doch nicht nur den Menschen gilt die unterschwellige Aggression dieser Kultur: Auch gegen die eigenen Reihen richtet sich schnell die Wut derjenigen, die einst über ein Land herrschten und es dann einfach so weggenommen bekamen. Viele Clans und Stämme leben in ständigem Streit mit ihren Nachbarn: Mal werden Frauen und Kinder geraubt, mal geht es um Jagdrechte und manchmal auch um gute Verstecke wie trockene Höhlen oder gesicherte Ruinen. Bei diesen Kämpfen lassen die Jäger keine Gnade gegen ihr eigenes Blut walten und wüten mitunter noch deutlich schlimmer als unter den Menschen. Während es bei letzteren in erster Linie um die Beute und um den Kampf ums Überleben geht, werden mitunter ganze Stämme in solchen Fehden aufgerieben, da keine der beteiligten Gruppen Gnade oder Nachgiebigkeit zu kennen scheint.

Ernährungsgewohntheit: Ratte

Die Ratte hat beinahe den Status eines heiligen Tieres der Krechen’gramm erreicht. Nicht nur, dass sie ihnen Fleisch liefert, aus ihren Knochen kann man Leim und Spitzen für Pfeile oder Blasrohrdornen fertigen. Das Blut einiger Ratten ist für Menschen giftig, sodass man auch dies sehr gut verwenden kann, um sich zu schützen oder in einem Angriff noch mehr Beute zu raffen. Der Pelz mancher Ratten ist sehr haltbar und vor allem im Winter sehr gut zu gebrauchen – denn großes Wild ist selten genug, vor allem, wenn man es mit den Menschen teilen muss.
Doch Ratten sind schlau: Längst nicht mehr so viele wie früher fallen auf die einfachen Fallen herein, die ihnen die Goblins stellen. Mittlerweile muss man sie mit Nahrung ködern oder ihnen direkt in ihre Baue nachstellen. Da besonders letzteres bei aggressiveren Rattenarten durchaus gefährlich sein kann, ist an der Rattenjagd schon längst nichts Verwerfliches und feiges mehr zu sehen. Als nach der Katastrophe die ersten Arten auftauchten und sich blitzartig vermehrten, warfen viele Schamanen ihr letztes bisschen Gewicht in die Waagschale und verurteilten die Jagd auf diese Absonderheit der Natur – aus nur zu gutem Grund, denn keiner der sonstigen Jäger Ta’Rans scheint bisher Gefallen an dieser Sorte Beute gefunden zu haben. Erst später, als die Nager zur Gefahr und Plage zu werden drohten, gaben die meisten Stämme diese Wesen zur Jagd frei und erfreuten sich zusätzlich an den Einnahmen, die Rattenfelle oder –schwänze als Kopfgeldtrophäe bei vielen Völkern – insbesondere den Thomgoc, denen sie als unheilig gelten – einbrachten.
Heute kennen die Goblins dutzende Arten, das Fleisch der Ratten schmackhaft zuzubereiten. Wenn sich ein Mensch oder Thomgoc dazu durchringen könnte, zu kosten, müsste er mitunter sogar dessen Schmackhaftigkeit eingestehen. Das gesalzene oder gedörrte Fleisch wird schnell faserig und zäh, sodass oftmals Suppen oder Eintöpfe gekocht werden, die mitunter die ganze Nacht hindurch köcheln, damit man sie einigermaßen genießen kann. Diese Tricks und Kniffe täuschen aber über eines hinweg: In der Not hat ein Krechen’gramm überhaupt kein Problem damit eine Ratte zu verspeisen.

Waffen und Rüstungen

Üblicherweise sind die Krechen’gramm als Jäger mit einfachen Kurzbögen aus Knochen oder festem Holz bewaffnet, die Pfeile mit Bronze-, Stein- oder Knochenspitzen verschießen können. Für einen menschlichen Benutzer unangenehm bis hin zur Unbrauchbarkeit ist die Eigenart, die Krümmung des Bogens stark zu überziehen, sodass er beinahe einen dreiviertel Kreis beschreibt und nur eine sehr kurze Sehne besitzt. Dieser traditionelle Jagd- und Kriegsbogen ist der Namensgeber dieses Volkes, denn das Sturmrund Gramm’nackta ist nur bei dieser Kultur zu finden.
Im Nahkampf verwenden die meisten Goblins kurze stämmige Speere oder bronzene Kurzschwerter Sulknaar, die eher zum Stechen denn zum Schlagen dienen. Weite Verbreitung hat auch der Faustdolch Sulmaar gefunden, in dessen handschuhartigen Griff man mit der Faust fährt dessen Spitze auf den Fingerknöcheln sitzt.
Im Gegensatz zu den Rotpelzen, von denen sie abstammen, tragen die Braunpelze in Kampfsituationen durchaus Rüstungen – mit Goblinurin gehärtetes Leder, verstärkte Rattenfellmäntel und bronzene Bein- und Armschienen sind allerdings nur etwas, das sich gestandene Krieger leisten können. Sehr selten kann man auch Angehörige dieses Volkes in erbeutetem Kettenzeug sehen.
Geschrieben am 30.03.2007