Mystic-Legends – Artikel: Ban'mor - heilige Stadt Bancairs

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Ban'mor - heilige Stadt Bancairs

„Er kam in seiner Güte zu uns herabgestiegen aus den Schluchten des Schildrand-Gebirges. Er gab uns die Schrift und lehrte uns das Zählen und das Rechnen. Endlich konnten wir seinen Geboten folgen und mit den anderen Völkern der Welt Handel treiben. Banaic verschaffte sich in der Küstenebene des großen Schildes Eret’e einen großen Platz und hieß uns, hier unsere Häuser zu errichten und die Stadt durch eine große Mauer zu schützen. Längst noch nicht alle seiner großartigen Pläne sind bereits umgesetzt, aber schon jetzt strahlt keine Stadt heller als die Seine.“
An der Küste des Schlingenmeeres gelegen ist Ban’mor eine der größten und mächtigsten Städte Mesarons. Hier haben sich die Händler und Handwerker und ein großer Teil der Gelehrten des Volkes der Bansar, der Gefolgsleute Banaics angesiedelt. Für die meisten der Einwohner ist es eine schier unglaubliche Ehre in der selben Stadt zu leben wie ihr leibhaftiger Gott, der sich meist im „Palast des goldenen Rausches“ aufzuhalten pflegt. Und so kommt es, dass viele Bansari der Aufforderung, auf einer Landzunge im Küstenschild Eret’muon eine Stadt zu gründen, Folge leisteten. Von drei Seiten ist die Siedlung praktisch vom Meer umschlossen, einzig nach Westen hin führt eine bislang unvollendete Straße weiter in das Land des Eret’e.
Obwohl ringsum Wasser ist, kann man mit Schiffen doch nur im Hafen erfolgreich und relativ ungefährdet operieren, es existiert sogar eine aufwändig befestigte Fahrrinne, damit Schiffe nicht auf den überall vorkommenden, nur schwer zu sehenden Sandbänken auflaufen. Die Nähe zum Wasser ist nicht nur gut, um Fernhandel mit anderen Kontinenten zu betreiben, sie nimmt der Wüste auch die Gefährlichkeit, indem angenehme Winde tagsüber kühlere Luft vom Meer herüber tragen und des Nachts die allzu große Kälte des großen Schildes zurückschlagen.
Das westlich gelegene Land ist durch Bewässerung aus tiefen Brunnen einigermaßen fruchtbar geworden – da der sandige Boden das Meerwasser vom Salz befreit, wird über dieses System auch die Stadt mit versorgt. So wurde erreicht, dass sich auf der Landzunge ausgedehnte Gärten und sogar einigermaßen brauchbares Ackerland erstreckt, auf welchem das nötigste für die Nahrungsmittelversorgung Ban’mors angebaut werden kann. Durch den relativen Reichtum der Stadt muss auch in Zeiten extremer Hitze und Dürre nicht befürchtet werden, dass Hungersnöte aufkommen, werden doch die Speicher Banaics durch ankommende Schiffe regelmäßig nachgefüllt.

Geschichte der Stadt

Der Legende nach gründete der leibhaftige Gott die Siedlung mit nur fünf Männern und fünf Frauen an seiner Seite (12 nGK). Mit diesen soll er die Mauer abgesteckt, den Hafen eingegrenzt und sogar den Tempelberg aufgeschichtet haben. Für die Gründer sind symbolisch fünf kleine Mausoleen errichtet worden, in welchen die sterblichen Überreste der Paare begraben wurden. In Opferfeuern zum Gründungstag der Stadt, dem 02.05. jeden Jahres werden ihnen symbolisch Gaben wie z.B. Saatgut, Werkzeuge, frisch gebrannte Lehmziegel und ähnliche Utensilien eines Stadtgründers dargebracht.
Schnell erkannten die Nolthar das Potential der auf Handel gänzlich versessenen Bansari und begannen, Ban’mor anzusteuern. Mit diesen Händlern kam auch der Reichtum und schon bald wurden die ersten Abschnitte der inneren Stadtmauer errichtet, um sich vor Übergriffen neidischer Nachbarn zu schützen. Die Stadt wuchs sehr schnell an – so schnell, dass Bancair den Bewohnern eine eigene Regierung (39 nGK) gestattete: Er wählte aus den Nachkommen der Gründer den ersten Stadthalter, Mirc’asbiel I, aus und proklamierte ihn offiziell zum Herrscher der Stadt.
Nur einmal ist bislang die Dynastie gewechselt worden – der Fall der Asbiel-Dynastie (82 nGK), die sich in ihrer Gier an den Einnahmen der Stadt vergangen hatte, um ihre Macht auszubauen, ist beispielhaft für eine harte aber gerechte Bestrafung durch den Personifizierten, wie einer der vielen Beinamen Banaics lautet. Es folgte die Glorman-Dynastie, diesmal ausgewählt durch die reichen Händler und Handwerker Ban’mors, aber immer bestehend aus Nachkommen der Gründer.
Als extrem verheerend erwies sich ein Stadtbrand (Herbst 92 nGK), bei dem nicht nur das gesamte Armenviertel, welches außerhalb der Stadtmauern lag, vernichtet wurde, sondern auch in einem Teil des Handwerkerviertels verheerende Schäden anrichtete. Die Aufbauarbeiten lehrten die Bürger, das Feuer nicht zu unterschätzen – weshalb Strohdächer und das Auslegen der Wohnungen mit Stroh, wie damals üblich, komplett untersagt wurde.
Die 34-tägige Belagerung durch mehrere Stämme der Tnaringar im Jahre 99 nGK konnte schließlich mit Hilfe der Besatzungen mehrerer Schiffe der Nolthar erfolgreich zurückgeschlagen werden. Seit diesem Tage allerdings genießt das Haus der Orimcraius Sonderrechte und eine bevorzugte Behandlung – z.B. dürfen Angehörige dieses Nolthar-Handelshauses auch innerhalb der Stadt Waffen tragen.
Die letzte Station, die sich als wichtig für Ban’mor erwies, ist die Fertigstellung des Palastes Banaics im Jahre 126 nGK gewesen. Nach 101 Jahren Bauzeit dominiert das prächtige Bauwerk das Stadtbild und lockt angeblich nur mit seiner Pracht viele Händler der Nolthar an.

Die Viertel Ban’mors

Palast des goldenen Rausches (1)

Hochtempel Banaics und seine Residenz gleichermaßen bilden den Palast des goldenen Rausches. Die Wände sind außen komplett mit Plattgold überzogen, die Dächer bestehen aus feinster Bronze, die auch nach mehreren Jahrzehnten noch keine Spur von Grünspan aufweist.
Die meisten Besucher der Stadt kommen, um hier beten zu dürfen oder um einfach über die schiere Pracht des Geldes zu staunen. So betritt man den eigentlichen Tempel über eine Ausstellung unterschiedlicher Kunstwerke und Schätze, die ferne Händler und ansässige Handwerker zu Ehren des Gottes des Handels angefertigt haben. Der Marmorfußboden mit den feinen Quadern unterschiedlicher Quarze aus ganz Ta’Ran (von einigen Blöcken wird sogar behauptet, sie stammen aus dem Amir-Gebirge von der anderen Seite der Welt) ist spiegelglatt, die Wände mit Szenen aus dem Leben eines Händlers und mit dem Wirken des Personifizierten geschmückt. Ein prächtiger Altar aus reinstem nodoranischen Alabaster – meist bedeckt mit goldenen oder gar juwelenbesetzten Opfergaben dominiert die große Halle.
Der eigentliche Palast des leibhaftigen Gottes ist für sterbliche schlichtweg nicht zu betreten – die letzte Phase der Erbauung dieses Monumentes bestand in der Vermauerung der einzigen Eingangspforte, über welche jahrelang Bildhauer und Künstler, aber auch viele der Opfergaben ihren Weg ins Innere des Hochheiligsten fanden. Nachdem Banaic mit dem Schmuck einer Wohnstatt zufrieden war, verbot er den Sterblichen den weiteren Zutritt zu seinem Refigium.
Der gesamte Palast ist auf einem künstlichen Plateau errichtet, sodass sein Bild – mit über 5000 Rechtschritt Grundfläche und einer Höhe von 25 Schritt des gewaltigen Kuppelturmes des Nordwestflügels durchaus beeindruckend – die gesamte Stadt dominiert. Auf einem weiter unten abgesetzten Plateau steht darüber hinaus noch der Tempel, welcher neben der großen Halle mit Platz für etwa 2000 Gläubige noch die Räume der 20 Priester und ihrer Dienerschaft sowie die Opferkammer enthält, in welcher alle wertvollen Gaben der Pilger aufbewahrt werden.

Glorman’mor (2)

Nordwestlich vom Palast gelegen ist das Regierungsviertel, in welchem sich die Glorman’mor-Dynastie im Zuge der Bauarbeiten nach dem großen Feuersturm eine eigene, durchaus prächtige Residenz geschaffen hat. Der Komplex besteht aus mehreren größeren Gebäuden, alle komplett mit Bronzedächern gedeckt, die im Gegensatz zum Tempel allerdings über die Jahre giftig grün angelaufen sind und nun zum Teil erneuert werden.
Die Fundamente der Residenz stehen auf den alten Untermauerungen aus den Zeiten der Asbiel-Dynastie, welche als Keller und Lagerräume genutzt werden. Anscheinend sind aber bei weitem nicht alle Keller zugänglich – viele Zugänge wurden während der Neubauten zugeschüttet oder gar komplett zugemauert, sodass sich heute natürlich gewaltige Gerüchte darum ranken, was die alten Herrscher von Ban’mor dort zu verstecken hatten.
Generell ist im Glorman’mor-Viertel eine sehr hohe Wachpräsenz zu verzeichnen, die Verbrechensrate ist naturgemäß sehr viel geringer als in anderen, düstereren Gegenden der Stadt. Bei den insgesamt nur etwa 200 Einwohnern des Viertels kann man davon ausgehen, dass hier nur selten etwas geschieht, was ernsthaft die Wachen auf den Plan rufen könnte. Im Regierungsviertel geschehen zwar auch Verbrechen, aber diese sind sicherlich anderer Art als simpler Einbruch oder Raub.
Tavernen oder Möglichkeiten zur Übernachtung sind hier im Übrigen natürlich überhaupt nicht zu finden – wer seine Nacht von Wachpersonal unbehelligt in diesem Viertel verbringen möchte, benötigt dazu schon eine persönliche Einladung der Stadthalterfamilie. Dann allerdings kann man sich sicher sein, deutlich besser zu nächtigen als in irgendeiner Schenke oder Pension.

Jabbath’mor (3)

Dies ist das Viertel der Ehrenbürger von Ban’mor. Wer es geschafft hat, in den Kreis der „Edlen von Banaics Gnaden“ aufgenommen zu werden, hat es gesellschaftlich geschafft, denn die einzige Chance, noch weiter aufzusteigen, wäre eine Heirat in der Stadthalterfamilie.
Das Villenviertel der Stadt ist geprägt von schmucken Einfamilienpalästen aus edlen Baumaterialien wie hellem Quarz, Alabaster oder Marmor sowie den schweren und dunklen Hölzern aus den südlichen Regionen Mesarons oder Nodoras. Die meisten Anwesen verfügen über eigenes Wachpersonal, welches mit Argusaugen auf eventuelle Verstöße gegen die Rechte des Privatgrundstückes oder einfaches „Herumlungern auf den Straßen der Ehre“ wachen und die Täter schnell und effizient zur Verantwortung ziehen.
In Jabbath’mor sieht man zwar viele Pilger, die zum Tempelberg unterwegs sind, aber keinem von ihnen wird hier gestattet, länger als unbedingt notwendig zu verharren. Gerade dazu lädt aber die schiere Pracht der Gegend ein – Zurschaustellung des eigenen Reichtums mit großen Statuen, gepflegten Gärten und aufwändig geschmückten Häusern wird hier nicht nur betrieben, es wird kultiviert.
Hinter den seidenen Vorhängen aus dem fernen südlichen Kontinent werden hier geheime Verträge ausgehandelt, Konkurrenten ausgebootet, Kartelle geschmiedet und zerschlagen und mitunter auch Meuchelmörder dafür bezahlt, gefährliche Gegner auszuschalten. Natürlich besitzt jedes Anwesen ein eigenes Verhandlungszimmer: Man sitzt auf den weichesten Teppichen im ganzen Haus, trinkt die erlesensten Weine und lauscht Musik, die Spielleite mit verbundenen Augen und mit Wachs verschlossenen Ohren spielen, damit kein Sterbenswörtchen der geheimen Abmachungen nach Außen dringen kann.

Djem’niella (4)

Keine Stadt der Bansar ist komplett ohne ihre Hexenmeister: Die Djemaschi durften sich mit der Genehmigung ihres obersten Ordensmeisters – Banaic persönlich – den geeignetsten Platz aussuchen, um ihre Kuppeln zu errichten. Wo Ban’mor schon vom Hauch einer Märchenstadt umweht wird, ist das Viertel Djem’niella geprägt vom extremen Streben nach Individualismus unter den Zauberern des Ostens. Die Djemaschi errichten ihre Wohn- und Arbeitsstädten nach strengen Vorgaben, dürfen aber natürlich auch selber und vor allem auch mit Hilfe ihrer Magie Hand anlegen, die Kuppeln zu verzieren.
So strahlt denn jede Ecke Djem’niellas eine andere Farbe aus, Kuppeln, die komplett mit edlem Schlangenleder bespannt sind, kommen genauso vor wie solche, deren Farbe sich dem Tagesverlauf anpassen und des Nachts den Sternenhimmel mit seinem Funkeln kopieren.
Fremde sind bei den Hexern gern gesehen, gelten doch insbesondere die Nolthar mit ihrer eigenbrötlerischen und verschwiegenen Magiergilde als Auftraggeber der exzentrischen Bansar-Zauberweber. Dennoch wachen die Djemaschi natürlich eifersüchtig über ihre Schätze und verfügen auch über eine extra Einheit der Wachgilde, die nur in diesem Viertel arbeitet und für den Umgang mit den mitunter schwierigen Hexern speziell geschult ist.
Insgesamt arbeiten in Ban’mor offiziell 28 der mächtigen Männer und Frauen, dazu kommt noch einmal ungefähr die gleiche Anzahl an Lehrlingen, die hier in ihrem Können ausgebildet werden sollen. Dennoch kann man nicht sagen, dass die Zauberer in der Stadt überrepräsentiert sind, denn erstens sind sie im Auftrag der Stadt oder fremder Gäste in weiter Ferne unterwegs und zweitens kann keine Stadt es auch nur wagen, zu hoffen, der Hexenmetropole Ban’djemasch den Rang abzulaufen.

Markra’mor (5)

Keinem bestimmten Zweck zugeordnet ist dieses Viertel – hier leben in erster Linie Handwerker, die einfachen Wachen, einige wohlhabendere Hetären und kleinere Händler. Insgesamt ist die Gegend gutbürgerlich gestellt, aber man nimmt es nicht so ernst mit der „Reinhaltung“ der Nachbarschaft und so kommt es, dass auch mal ein Schuster neben einem kleineren Goldschmied wohnt und beide gut miteinander auskommen.
Eher untypisch ist die Tatsache, dass sich in Markra’mor alle Menschen gegenseitig helfen, nicht zu sehr in die Armut abzurutschen. Wer ein wenig Geld hat, lädt öfter Freunde und Bekannte aber ebenso auch immer eine Anzahl Unbekannter direkt von der Straße ein, um möglichst viele Leute an seinem augenblicklichen Wohlstand teilhaben zu lassen. Diese Mentalität machte die Bewohner schnell als schlechte Diener Bancairs verrufen, doch diese sträubte sich dagegen, die scheinbar Abtrünnigen zu verurteilen. Sein wegweisender Rat: „Das Geld muss fließen und ich sehe in Markra’mor für den dortigen Wohlstand oftmals sehr viel Geld fließen!“ bestärkte die Leute in ihrem Tun – so kommt es, dass einige Plätze und Brunnenhöfe entstanden, an denen zu Ehren Bancairs die Armen gespeist, Kranke gepflegt und ähnliche wohltätige Dinge getan werden. Wer aber nach Markra’mor kommt, um nur sich selber zu bereichern und nicht durch Tausch für das Wohl beider Seiten zu sorgen, wird mit Verachtung und Spott gestraft – schon einige zu gierige Händler wurden gar von einer wütenden Menge mit Knüppeln und Steinen aus dem Viertel gejagt.
Eine weitere Besonderheit der Gegend ist das Wachhaus. Da das Regierungsviertel und der Tempel ihre eigenen Garden haben und weder die Djemaschi noch die reicheren Händler ihren Stadtteil mit einer Kaserne verunzieren wollten, kommt es, dass Markra’mor der Standort des Gardenhaupthauses ist. Hier befindet sich ebenfalls das Zeughaus, in welchem Waffen und Nahrungsmittel für den Fall einer Belagerung gebunkert sind. Zwar wettert Hauptmann Csol’nob immer wieder dagegen, dass er keinen zentraleren Stützpunkt erhielt, aber insgeheim ist er mit der freundlichen und meist auch friedlichen Umgebung recht zufrieden.

Llara’mor (6)

Einen besonders großen Teil Ban’mors nimmt Llara’mor ein, die Gegend, in der es kein Geld kostet, seine Häuser zu bauen. Ursprünglich war nicht vorgesehen, dass dieser lehmige und rutschige Untergrund überhaupt bebaut wird, aber einige findige Baumeister entwickelten eine Technik, bei welcher mehrere angespitzte Baumstämme tief in den Boden gerammt werden und so als Fundament dienen. Da am Anfang noch viel Skepsis herrschte, entschied der damalige Stadthalter, Mutige zu belohnen und die Grundstücke an all jene frei zu verteilen, die ein Haus errichten würden.
Heute ist das einzige, was man vom weichen Untergrund noch bemerkt, der Rand der Stadt, wo der Lehm mit dem Meer ringt, um nicht abgetragen zu werden. Doch auch hier werden bereits Befestigungen errichtet, um dem Wasser den Angriff möglichst schwer zu machen. So kommt es, dass man jetzt durch enge Gassen schleichen muss – an einigen Stellen sind sogar diese überbaut, um zwei Häuser miteinander zu verbinden. In Llara’mor hat sich in etwa die gleiche soziale Schicht angesiedelt wie in Markra’mor, allerdings ist hier der Kampf ums Überleben meist noch eine Ecke schwieriger, da hier viele Parasiten in den Häusern leben und wegen der beengten Wohnverhältnisse auch öfters Krankheiten ausbrechen.
Wegen dieses Umstandes wurde auch schließlich in unmittelbarer Nähe zum Meer – böse Zungen behaupten, um die Toten besser loswerden zu können – das Spital zur goldenen Hand errichtet. Der kapitale Bau erstreckt sich über drei Stockwerke in die Höhe und hat eine ähnliche Grundfläche wie der Palast Bancairs. Mit einem Unterschied: Wer in den Genuss der heilkundigen Hände vom Orden der goldenen Hand kommen will, muss zuerst einen guten Teil seines Vermögens an eben diesen Orden abtreten. In aller Regel wird der zwanzigste bis fünfte Teil – je nach Wohlstand des Erkrankten – gefordert. Was mit diesem Geld geschieht und ob es wirklich nur für die optimale Versorgung aller Kranken genutzt wird, ist bis jetzt noch nicht geklärt worden. Schwierig ist dabei natürlich auch die unbedingte Schweigepflicht, die sich die Angehörigen des Ordens selbst auferlegt haben.
Ebenfalls erwähnenswert ist die Angewohnheit der Einwohner, bei jedem vollen Mond dem Meer etwas zu opfern, damit es nicht eines Tages das gesamte Viertel unterspült und wegträgt. Noch sehen die Priester und Bancair relativ unbekümmert zu, da immer noch die geforderten Abgaben an die Tempel geleistet werden, doch jene, bei denen das Meer den Stellenwert einer personifizierten Gottheit einnimmt, wandeln auf einem schmalen und gefährlichen Grat.

Viertel der Nolthar (7)

Die Anwesenheit der Nolthar war Bancair zuerst ein Dorn im Auge, doch als er bemerkte, wie sehr diese Kultur auf Gold und den Handel versessen ist, entschied er sich, mit ihnen einen Vertrag abzuschließen. Dafür, dass sie in seiner Stadt wohnen durften, mussten sie Steuern bezahlen und einen Anteil der erwirtschafteten Waren an ihn abtreten. Mittlerweile bekennen sich bereits dutzende der ansässigen Händlerfamilien zum Gottherrscher von Ban’mor und zählen sich offiziell zu den Bansar.
Im Viertel der Nolthar gelten weiterhin die Gesetze Bancairs, auch hat die Garde von Ban’mor hier letztlich die ordnungshüterische Hoheit. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die Einwohner eifersüchtig über den Erhalt ihrer Traditionen wachen und sich nicht einfach „einbürgern“ lassen wollen. So kam es, dass innerhalb der Viertel der Nolthar Sklaven gehalten werden dürfen, sofern diese nicht der Kultur der Bansar angehören – diese sehen sich selber als Gegner der Sklaverei, konnten aber den Nolthar diese „Eigenheit“ nicht ausreden. Sollte allerdings ein Sklave entkommen können und nicht binnen eines Jahres und eines Tages wieder eingefangen werden, so ist er für immer und ewig frei, denn Sklavenjagden sind den Nolthar auf dem Grund der Bansar natürlich strengstens untersagt.

Hafen (8)

Der von weit ausladenden Stegen und hohen Kaimauern dominierte Hafen von Ban’mor ist einzigartig auf Ta’Ran. Keine natürliche, sondern eine künstlich angelegte Fahrrinne von insgesamt 2 Meilen Länge ermöglicht es Schiffen, das riff- und sandbankreiche Gewässer vor der Küste relativ ungefährdet zu passieren und schließlich die Stadt zu erreichen. Da die Position dieses Kanals aber nur ausgebildeten Lotsen der Stadt genau bekannt ist, ist die übliche Prozedur, wenn man Ware in Ban’mor löschen oder aufnehmen möchte, knapp innerhalb der Sichtweite der Hafenwache vor Anker zu gehen und ein Lichtsignal zu geben, um einen der teuren Lotsen anzufordern. Diesen Preis an die Lotsengilde zahlen aber fast alle Kapitäne nur zu gern, denn in der Stadt warten seltene und wertvolle Waren auf sie – sowie die Möglichkeit für ihre eigene Ladung einen guten Preis zu machen.
Natürlich erkennt man den Hafen bereits von weitem – die engen Gassen, die sich zwischen den streng bewachten Lagerhäusern hindurchzwängen, die zahllosen Kneipen und Bordelle die mit mehr oder weniger eindeutigen Reklameschildern auf sich aufmerksam zu machen wissen sowie die billigen Matrosenunterkünfte. Der Hafen galt eine Zeitlang als Absteige für das unmöglichste Gesindel, doch seit Bancair intervenierte und den Handel mit Rauschmitteln, Frauen, illegalen Waffen und ähnlicher Ware unter harte Strafen stellte und zur Abschreckung einige sehr eindrucksvolle Exempel statuierte, gilt diese Gegend wieder weitestgehend als sicher. Auch betrunkene Matrosen oder streitsüchtige Luden sucht man hier vergebens, zu stark ist die Präsenz der Stadtgarde – was wiederum nicht unerheblich zum exzellenten Ruf des Hafens von Ban’mor beigetragen hat.
Besonders zu erwähnen ist der Turm des Hafenwächters – ein etwa 50 Schritt hoher schlanker Bau aus unterschiedlichstem Gestein, welches vollkommen ohne Mörtel ineinander gefügt wurde. Dieses architektonische Konglomerat erhebt sich ohne Fenster bis zur in der Spitze gelegenen Beobachtungskammer nur als ummauerte Wendeltreppe. Die Kammer ragt zu allen Seiten um sicherlich zwei Schritt über die 5 Schritt durchmessende Basis und gibt dem Turm eine etwas phallische Gestalt, unter der Hand wird er auch der „Hafenpimmel“ genannt. Von diesem Platz aus wird jeden Tag rund um die Uhr beobachtet, ob Schiffe vor Anker gehen, die einen Lotsen benötigen.

Schmiede- und Färberviertel (9)

Eigentlich sollte der Name anders lauten, denn in diesem Stadtteil haben sich die meisten fremden nicht-noltharischen Siedler niedergelassen. Vor einigen Jahrzehnten bemerkte die Stadthalterfamilie, dass es einen gewissen Mangel an beiden Handwerken in der Stadt gebe und rief dazu auf, sich in der dafür vorgesehenen Gegend niederzulassen. Heute bemängeln viele Bansar die Überfremdung des Viertels, doch es handelt sich um Arbeiten die kaum einer von ihnen jemals übernehmen würde: Schmiede gelten als unreinlich und tierhaft, während die Arbeit eines Färbers als kunstlos und voller Gestank verrufen ist.
Dennoch wird in dem Fremdenviertel viel Geld gemacht, denn natürlich handeln die Bansar gern mit metallenen Gegenständen oder bunten Tuchen. Insbesondere die Karawanen, die aus dem inneren Mesarons kommen und oftmals auch Gold und edle Steine mit sich führen, sind an Eisen und strapazierfähigem Tuch interessiert.
Wichtig ist auf alle Fälle zu wissen, dass in diesem Stadtteil ein wenig andere Sitten herrschen: Da es hier kaum „ehrbare“ Bansar zu beschützen gilt, macht die Wache meist einen weiten Bogen um die breiten Holz- und Lehmhäuser der Fremden. Aus diesem Grund kann es hier schnell passieren, dass man sich Feinde macht, die man nicht ohne weiteres wieder loswird. Die Kanalisation, die in der restlichen Stadt zumindest oberirdisch eingefasst ist und durch die Regengüsse der Küste ab und an gesäubert wird, existiert hier nicht einmal in Grundzügen: So kann es kommen, dass man – zumindest wenn man Glück hat – nach einem Streit mit einem ehemals nanyrischen Schmied grün und blau geschlagen mit mehreren zersplitterten Knochen im Matsch der Straße aufwacht. Im Matsch, welcher praktisch alles an Abfall enthält, was eine große Anzahl Menschen in irgendeiner erdenkbaren (und manchmal auch undenkbaren) Weisen zu produzieren in der Lage ist. Wer sich hinterher bei der Garde beschweren geht, der darf sich meist
Der hier allseits anerkannte und auch von Seiten des Stadthalters als Verwalter des Viertels eingestellte skavische Magister Mnarold Chrak hält praktisch alle Fäden in der Hand. Eine Gruppe von Drückern und Schutzgeldpressern beutet die Färber und Schmiede aus und scheut auch nicht davor, mitunter Aktivitäten ins benachbarte Llara’mor auszudehnen. Aber diese Form des scheinbar organisierten Verbrechens hält wenigstens andere Arten menschlichen Schmutzes fern. Man weiß genau: Wenn etwas krumm läuft, steckt Mnarold Chrak dahinter – es kann gar nicht anders sein, denn wenn jemand anderes dahinter stecken würde und Chrak bekäme davon Wind, könnte sich der Betreffende auf ein Bad mit gefesselten Händen und Füßen vorbereiten. Inklusive eines strammen Eisengewichtes.

Ostfeste (10)

Hier hat sich die goldene Garde, die persönliche Armee der Kirche Bancairs eine große Festung errichtet. Ganz im Stile der bansarischen Architektur wurde auch hier mit Holz und Gestein ein massives Grundgerüst errichtet, welches dann mit salzhaltigem Lehm überzogen wurde. Wie es die Baumeister allerdings geschafft haben, dass dieser quasi über Nacht glashart wurde und nun in der Sonne regelrecht glänzt, ist unklar – Meister Nma’bach hat das Geheimnis mit ins Grab genommen, welches zu Füßen des stattlichen Bauwerks errichtet wurde.
Insgesamt 25 Türme zählt man an dem Prachtstück – allerdings sind nur die drei größten von ihnen tatsächlich ständig mit Soldaten besetzt. Die komplette Besatzung zählt mit den in der Stadt an unterschiedlichen Stellen stationierten Einheiten 130 Mann unter Waffen. Da Frauen der Zugang zur Festung strengstens verboten ist, wird auch in Friedenszeiten der Eingang streng bewacht und jeder Besucher, Bote oder Rekrut genau untersucht. Seit sich einmal drei Prostituierte in die Hallen der Rekruten unterhalb der Festungsbasis geschlichen hatten und dies zu einer regelrechten Entlassungswelle unter den Wachen führte, wird auch besser aufgepasst.
Es wird von allen Beteiligten als große Ehre verstanden, in der Ostfeste dienen zu dürfen, hat diese doch schon, obwohl sie sich noch mitten in der Bauphase befand, mehrere großangelegte Belagerungen überstanden und auch sonst die Stadt immer würdig beschützt. Doch das Ungetüm verschlingt auch viele Kosten – kaum fertiggestellt, müssen die ersten Fassaden erneuert werden und an einigen Stellen fault bedauerlicherweise das Holzwerk im Inneren.
Bei der Bevölkerung der Stadt rankt sich schon so manche Legende um die Festung – von entführten Jungfrauen, die dort festgehalten und „verbraucht“ werden über einen Drachen, der als letzte Rettung im Fall einer Erstürmung unterhalb des Kellers wartet bis hin zu einer geheimen Schatzkammer, in welcher die Priesterschaft Banaics größte und wertvollste Schätze verwahrt. Besonders die letzte Geschichte scheint auch weiter nach außen gedrungen zu sein, sodass mittlerweile schon so mancher junger Dieb an den glatten Festungsmauern verzweifelte.

Platz der Händler (11)

Anders als bei einer gewöhnlichen Stadt wurde Ban’mor keineswegs direkt um einen Marktplatz errichtet. Abseits der wahren Zentren der Händlerstadt ist der Marktplatz kein Ort, an welchem viel Geld verdient werden kann: Die große Ware wird ohnehin privat hinter verschlossenen Türen verschoben. Auf den Platz der Händler kommen demzufolge auch nur die Anbieter, die entweder recht wenig oder qualitativ schlechte Waren liefern können. Zwar kann so manche Stadt des Ostens immer noch nicht mit dem mithalten, was hier geboten wird, aber eigentlich ist es schon unter der Würde eines gestandenen Bansar-Kaufmannes, sich hier umzusehen.
Immer mehr verkommt der Platz, im Schatten der großen Stadtmauern und zum Fuße der Stadtfestung errichtet, zum reinen Gemüse- und Fleischmarkt, auf dem Bauern, Viehzüchter und kleine Handwerker gegen eine geringe Gebühr ihre Stände errichten und meist etwa eine Woche darauf hoffen, so viel wie möglich von ihrer Ware loszuwerden.
Mitunter gibt es echte Raritäten und Geheimtipps auf dem Markt, sodass noch immer einige findige Kaufherren ihre Spitzel und Einkäufer dort vorbeischauen lassen. Auf dieser Tatsache beruht auch die schlichte Hoffnung, die die meisten Leute überhaupt hierher treibt. Wer es sich nicht leisten kann, von Angesicht zu Angesicht zu einem wohlhabenden Bürger zu gehen oder wer unauffälligen Kontakt wünscht, agiert über einen solchen Agenten und vermittelt so seine Angebote und Wünsche.
Man sollte sich aber vorsehen, denn der Markt hat seine eigenen Gesetze – schnell findet man sich auf der Seite der Verlierer wieder, die von der eingeschworenen Gemeinschaft geschnitten, bedroht oder gar erpresst wird. Als Neuer hat man es extrem schwer, Fuß zu fassen und zahlt oftmals gleich doppelt: Erst an die Stadt, damit man seinen Stand aufbauen darf und dann an seine Nachbarn, damit der Stand auch über Nacht stehen bleibt und nicht z.B. Opfer eines Brandunfalles wird. Selbst Morde wurden schon verübt, nur um an eine der besonders günstig gelegenen Stellplätze zu gelangen: Insbesondere direkt am Stadttor, vor dem Treppenaufgang zur Festung und in der Nähe der Gästehäuser kann man in kurzer Zeit viel Geld verdienen und sich erstaunlich viele Feinde machen.
Berühmt ist der Platz der Händler für sein halbes dutzend Brunnen, in welche Gäste begeistert Münzen werfen, um sich Glück für einen Vertragsabschluss, ein gutes Jahr oder einfach Geld und Wohlstand im Allgemeinen zu wünschen. Es ist das Recht der Armen und Waisen, einmal im Jahr in die Brunnen herabzusteigen und die Münzen zu bergen – üblicherweise wird fast ein Viertel dieses Geldes noch am selben Tag in einem großen Fest wieder unter die Leute gebracht, aber trotzdem ist vielen Bedürftigen damit geholfen.
Trotz aller Einschränkungen bleibt der Markt aber ein magischer Platz: Aufgespannte bunte Tücher verdecken den Blick zum Himmel und schaffen die Illusion einer geschlossenen Markthalle, Stände voller exotischer Waren aus allen Ländern Ta’Rans, fremde Gesichter und mitunter auch Angehörige fremder Rassen lassen den meisten Besuchern ein wohliges Schauern über den Rücken ziehen, wenn sie auf den Markt ziehen.

Ulia’mor (12)

Jede größere Stadt hat ein solches Viertel, ob es sich nun „der Schatten“, „Diebesviertel“ oder „Slums“ nennt – immer ist klar, um was für eine Gegend es sich handelt und dass eigentlich jeder froh wäre, wenn sie verschwinden würde, aber jeder gleichzeitig froh ist, dass es eine Ecke in der Stadt gibt, zu der man so schön von oben herab schauen kann.
Ulia’mor bildet da keine Ausnahme: Hier haben sich die Ärmsten der Armen ein Haus gebaut, vielleicht mit gestohlenem Holz, vielleicht haben sie sich auch die Mühe gemacht, einigen vorbeiziehenden Schrotthändlern ein paar Teile abzuknöpfen, die man als Wände oder Dach verwenden kann. Auf den Straßen spielen halbnackte verwahrloste Kinder, während die Eltern daheim irgendeiner primitiven und wenig lohnenden Arbeit nachgehen, um wenigstens die einfachsten Bedürfnisse zu decken. Schnell merkt man, dass hier nur das Recht des Stärkeren regiert. Bandenkämpfe, verdreckte Frauen und Männer, die von ihren Eherpartnern verprügelt werden und von billigen Drogen berauschte Penner prägen das Bild, welches man im Vorübergehen aufnimmt.
Die dominierende Bande im Augenblick stellt „Das rote Gesicht“ dar. Die Angehörigen dieser Truppe bemalen sich das Gesicht mit billigen Farben oder Abfällen rot – und dieses Erkennungszeichen bewirkt, dass sie für die Bewohner von Ulia’mor sowie für die meisten Stadtwachen praktisch unantastbar ihren verbrecherischen Tätigkeiten nachgehen können, da man bei Übergriffen stets mit der konzentrierten Vergeltung der gesamten Bande rechnen muss.
Die letzte solche Gruppierung wurde übrigens durch einen massiven Einsatz militärischer Streitkräfte ausgelöscht – noch heute spricht man hier nur hinter vorgehaltener Hand vom Schicksal der „Geister von Ulia“. Um einem solchen Ende zu entgehen, haben die Anführer Trako und Lirma einen Pakt mit Bancair geschlossen – dessen rühmen sie sich zumindest öffentlich. Worum es in dieser Abmachung ging und welchen Preis die Bande letztlich zahlen wird, kann niemand ahnen. Eines ist indes gewiss: Bancair gewinnt immer.
Geschrieben am 28.03.2007