Mystic-Legends – Artikel: Zu Besuch bei den Seeräubern

Inhalt

Zu Besuch bei den Seeräubern

Geschichte

Niemand mehr weiß heute noch so genau, wo dieses kleine Völkchen herstammt. Einst waren sie mit Sicherheit Teil einer noltharischen Kultur, doch ob sie sich vom nodoranischen Imperium oder von den Nolthar Dalaturs oder gar Syans abgespalten haben, kann niemand mehr klären.
Sie lehnen jegliche Religion ab, eventuell könnten also Streitigkeiten ganz ähnlich denen, die zur Aussiedlung der Birscham geführt haben, den Anstoß zur Gründung des neuen Volkes gegeben haben. Zwar findet man in ihren größeren Siedlungen durchaus Tempel und trifft auch Menschen im Priesterornat an, doch sind dies nur Institutionen für Sklaven oder wohlhabende Fremde.
Die ersten Aufzeichnungen über die Piratenstämme existieren bei anderen Völkern – die Nodoraner beschreiben kleine Siedlungen ohne viel Einfluss bei ihren Erkundungsfahrten nach der Katastrophe. Kontakt kam zu dieser Zeit allerdings keiner zustande. Erst viel später, nämlich vor etwa vierzig Jahren, begannen die Stämme schließlich mit fortgesetzten Chroniken.
Diese berichten zuerst von einigen Stammesfehden und Versuchen, die einzelnen Sippen, Clans, Stämme und Burschenschaften unter einer Flagge zu vereinen und ihre Kraft zu nutzen, auch das nördlich gelegene Festland zu überfallen. Allerdings scheiterte der Versuch und statt eines Zusammenrückens beobachteten die Chronisten eine noch stärkere Zersplitterung ihres Volkes.
Jahre später gelang es zumindest, die Fehden untereinander zu beenden – wenn auch kein gemeinsamer Herrscher anerkannt wird, so sind sich die Stämme doch einig, dass sie gemeinsam größere Profite erreichen können.

Piratenleben

Meine erste Begegnung mit den Schbegangi war erstaunlich ruhig. Sie hatten unser Schiff mit drei ihrer Segler aufgebracht und geentert. Nachdem unsere Mannschaft entwaffnet war, begannen sie, sich mit Pfiffen und Schnalzlauten zu unterhalten, während sie unsere Ladung inspizierten. Üblich ist es in diesen Gewässern, nur einen Teil der Ladung als „Zoll“ zu „beschlagnahmen“, um nicht sämtliche Händler zu verschrecken. Aber wer wäre nicht bei diesen Kerlen verschreckt – ihre Haut war dunkelbraun von der vielen Sonne, ihre Haare in dicken Knäueln verfilzt, außerdem stanken sie allesamt nach dem süßlichen Harz, welches sie ständig kauten.
Schließlich suchten sie sich drei Fässer Wein, etwas Tau und verschiedene Eisenwerkzeuge aus, die sie verluden. Dann begann der eigentliche Schrecken – der Kapitän der Horde hatte offenbar Geschmack an mir gefunden und begann mit unserem Kapitän über mich zu verhandeln. Und was soll ich sagen – dieser Schuft machte noch mit, versuchte, den Preis in die Höhe zu treiben. Zum Glück entdeckte einer der Bande dann die Zwillinge – irgendeinem wirren Aberglauben folgend dachten sie wohl, dass sie besondere mystische oder religiöse Vorteile brächten und kauften sie dem Kapitän zu einem Preis ab, der die verlorene Ware sogar übertraf.

- Minaree, Reisende unterwegs von Dalatur nach Pak'Sha
Es ist nicht unüblich, dass aufgebrachte Schiffe, sofern sich die Besatzung kooperativ verhält und keine Piraten zu Schaden gekommen sind, zum Teil verschont werden. Viele Kapitäne haben sogar mit einigen Häuptlingen Abkommen geschlossen und sehen Vorteile darin, dass die Stämme ihre Gewässer frei von anderem Gesocks halten.
Wer damit rechnet, überfallen zu werden, geht mitunter auch dazu über, spezielle Geschenke zurechtzulegen, die an die Seeräuber übergeben werden können, um weitere Schäden zu vermeiden. Sklaven, Goldschmuck und natürlich Alkohol und stärkere Rauschmittel sind besonders gern gesehene Gaben. Wieder andere Kapitäne haben es sich zum Ziel gemacht, den Stämmen einen Teil ihrer Beute wieder abzukaufen und so mit den gestohlenen Waren Gewinne zu erwirtschaften. So floriert ein beträchtlicher Schwarzmarkt insbesondere im Südsund, in welchen sich nur selten Handels- oder Kriegsschiffe der Nolthar verirren.

Man darf aber nicht denken, dass die Stämme – die sich selbst zum Volk der „Tamenakkaländer“ oder „Tamenakkeen“ zählen – vollständig von ihren Raubzügen abhängig seien. Der große Teil der Bevölkerung geht einer gewöhnlichen Aufgabe als Fischer, Viehzüchter oder Handwerker nach, nur etwa ein sechstel der Bevölkerung fährt regelmäßig zur See. Natürlich ist dieses Sechstel dennoch ein beträchtlicher Anteil und deutlich mehr als in anderen Kulturen. So kommt es, dass diese Eigenheit den Tamenakkeen den Namen eingebracht hat, unter welchem sie bei anderen Kulturen bekannt sind: Die Piratenstämme.
Geschrieben am 21.02.2008